In den letzten Wochen und Monaten war ein ein Satz oft in den sozialen Netzwerken zu lesen: “Die Conventions und die Personen, die für diese arbeiten, haben es gerade sehr schwer und könnten pleitegehen und allgemein ist alles doof.” Wir haben uns gefragt, wie sieht die Situation wirklich aus. Dafür haben wir uns die Conventions im deutschsprachigen Raum genauer angeschaut und uns bei ihnen erkundigt.
In diesen Text eingeflossen sind Aussagen von folgenden Conventions: Anime-Flohmarkt, Anime Marathon, Connichi, Contaku, Dedeco, Dokomi, Mex-Berlin, NipponCon, NonkiCon und YuniCon. Wir kontaktierten sie und schickten ihnen einen Fragenkatalog, den sie uns dann schriftlich beantworteten.
Absagen oder nicht?
Fast alle Conventions hatten uns geantwortet, dass für sie die staatlichen Vorgaben und die damit verbundene Umsetzbarkeit, das entscheidendste Kriterium ist und betonten die Sicherheit der Besucher:innen, des Teams und sonstiger Teilnehmer:innen, wie z.B. Aussteller:innen. Einzige Ausnahme hierbei ist die NipponCon, die uns mitteilte, dass es “zu weit führen [würde] das zu beantworten” und es “an mehr Dingen als nur an den derzeit geltenden staatlichen Eingriffen” entschieden würde.
Im speziellen der Anime-Flohmarkt und die Connichi finden es wichtig, frühzeitig auf Entwicklungen zu reagieren, da so höhere die Chancen bestünden, Verträge und Kooperation mit Dritten anzupassen und ggf. von ihnen zurückzutreten.
Organisatorische Schwierigkeiten
Hier erhielten wir sehr gespaltene Antworten. Während die Contaku, Dedeco, Dokomi, Mex Berlin und die YuniCon von Planungsunsicherheiten aufgrund der häufig wechselnden staatlichen Vorgaben und den daraus resultierenden Problemen berichten, haben die anderen laut eigenen Aussagen aktuell mit gar keine Schwierigkeiten zu kämpfen.
Der Grund dafür ist sehr eindeutig: der Anime Marathon, die Connichi und die NonkiCon haben für 2021 bereits mehrere Monate im Vorfeld abgesagt, die anderen Conventions hingegen nicht. Einige von ihnen kündigten bereits Online-Events an. Der Anime-Flohmarkt wird ca. im September/August entscheiden, ob sie ihre Veranstaltung als offline oder online stattfinden lassen.
Finanzelle Auswirkungen
Zunächst einige allgemeine Infos, auch zu den Veranstaltungen, die nicht auf unsere Anfragen reagiert hatten.
Fast alle Anime/Manga-Conventions in Deutschland werden von eingetragenen Vereinen organisiert. Sie können Angestellte haben, das ist aber verhältnismäßig selten der Fall. Vereine leben von ehrenamtlichen Helfer:innen und für die fallen keine Personalkosten an. Entsprechend bedeutet für diese Helfer:innen eine abgesagte Veranstaltung keinen Jobverlust und auch keine finanziellen Einbußen.
Die einzigen Ausnahmen hierbei sind Animagic, Contaku, Dokomi und Mex-Berlin. Der Veranstalter der Contaku ist eine Unternehmergesellschaft (UG), die der anderen drei sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und alle vier nutzen ebenfalls zu einem Großteil ehrenamtliche Helfer:innen für ihre Veranstaltungen, weswegen sich auch da die Personalkosten sehr stark in Grenzen halten.
Die österreichische AniNite wird ebenfalls von einem Verein organisiert und die österreichische YuniCon von einer Privatperson.
Bei GmbHs und eingetragenen Vereinen, sowohl bei deutschen als auch bei österreichischen Vereinen, haften keine Privatpersonen. (Ausnahmen: Eine Privatperson hat eine Straftat begangen.) Das heißt, wenn eine Convention, die von einer GmbH oder einem eingetragenen Verein organisiert wird, finanzielle Verluste erleidet, müssen nicht die involvierten Privatpersonen (Vorstand, Geschäftsführer, usw.) privat für die finanziellen Schäden aufkommen. In der Anime/Manga-Szene sind daher vergleichsweise sehr wenig Leute durch die Convention-Absagen von Jobverlusten und finanziellen Auswirkungen betroffen.
Wer der Veranstalter einer Convention ist, erfährt man aus den Impressen ihrer jeweiligen Websites und Social Media-Kanäle.
Von den angefragten Conventions wollte uns lediglich die Mex-Berlin keinerlei Auskünfte zu ihrer Finanzlage erteilen. Auch der Anime Marathon und die Dedeco waren eher zurückhaltend mit Angaben. Ersterer meinte, dass sie wenige Spenden erhalten hätten. Die Dedeco erzählte uns, dass sie von ein paar Verträgen zurücktreten bzw. sie anpassen konnten und sie durch nicht stornierte Eintrittskarten einige Gelder behalten konnten. Welche Auswirkungen das für sie bedeutet, ob sie im gesamten finanzielle Verluste zu erleiden hatten, teilten uns die beiden Veranstaltungen jedoch nicht mit.
Nur zwei Conventions berichteten uns von finanziellen Notlagen in die sie aufgrund der Pandemie geraten sind. Da ist die Contaku, die einerseits aufgrund ihrer Größe generell nicht so viele Ausgaben hat, deren Veranstalter als ehemaliges Einzelunternehmen andererseits selbst Einbußen hatte und das womöglich auch finanzielle Auswirkungen für die Contaku haben wird. Die andere Convention ist die Dokomi. Laut eigenen Angaben entstanden höhere Kosten um die geforderten Infektionsmaßnahmen auf der 2021 der in der Messe Düsseldorf stattgefundenen Veranstaltung einzuhalten. Dennoch konnte der Veranstalter die finanziellen Schäden aber so weit abmildern, dass sie am Ende überwindbar seien. Zu diesem Zweck wurden die Kosten der Ticketpreise der Dokomi etwas erhöht, teilte uns die Convention mit.
Alle anderen Veranstaltungen berichteten uns hingegen Positives. Die Connichi schrieb uns, dass sie nahezu keine Einnahmen hatte, ihre Verluste jedoch vom Animexx e. V. übernommen wurden.*
Der Anime-Flohmarkt, die NonkiCon und die YuniCon sagten, dass sie durch die Pandemie nicht in eine finanzielle Notlage geraten seien. Sie hätten zwar alle Einnahmen und Ausgaben, die würden sich aber in Waage halten.
Sponsorings & Kooperationen
Auch hierzu wollte die Mex-Berlin leider keine Angaben machen. Die Connichi teilte uns nur mit, dass es Auswirkungen gebe, benannte allerdings nichts Konkretes. Alle anderen gaben an, dass die Pandemie bis zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Auswirkungen auf Sponsoring und ihre Zusammenarbeit mit Dritten hätte.
Unterstützen
Wir fragten auch nach, ob man die Conventions momentan unterstützen könnte. Dem Anime Marathon und der Dokomi kann man unter die Arme greifen, indem man ihre Veranstaltungen besuche. Allen andere helfe es, laut ihnen selbst, ihre Social Media-Beiträge zu teilen.
Der Anime-Flohmarkt und die Mex-Berlin sind zudem momentan auf der Suche nach neuen Helfern für ihre Teams.
Eigenes Merchandise verkaufen ganzjährig die Connichi und der Anime-Flohmarkt**, sodass man auf diesem Wege die beiden finanziell unterstützen kann. Erstere nutzt dafür einen externen Online-Shop, wohingegen der Flohmarkt einen eigenen auf seiner Website eingerichtet hat.
Die Connichi kann man außerdem mit helfen, in dem man Vereinsmitglied im Animexx e. V. wird oder an diesen Geld spendet (per externer Spendenseite oder per Banküberweisung, die auf der Spendenseite ganz unten gelistet ist).
Infos zur Recherche
Wir hatten per E-Mail und Social Media über einen Zeitraum von mehreren Wochen mehrmals auch bei weiteren Veranstaltungen angefragt. Die hatten in den meisten Fällen leider gar nicht auf unsere Kontaktversuche reagiert. Zwei von ihnen sagten zwar zu, unsere Fragen zu beantworten, aber das ist dann leider nicht geschehen. Dazu zählen Animagic, Anime Messe Babelsberg, Animuc, AniNite, Bimaco, Hanami, Nicon, Nisa-Con und Wie.Mai.Kai. .
Der CosDay² hatte sich zwar zurückgemeldet, aber nicht unsere Fragen beantwortet und uns nur auf einen 75-minütigen Livestream verwiesen. Aufgrund dessen, dass die Aussagen in einem anderen Kontext entstanden sind und das Video auch nur bedingt unsere Fragen beantwortet, haben wir den CosDay² nicht in unsere Auswertung mit einbezogen. Die Anmagic handelte ähnlich und verwies uns nur auf ihre Website umd ihre Social Medie-Accounts.
* Der Animexx e. V., seine Verknüpfungen mit diversen Conventions und seine finanzielle Situation aufgrund der Pandemie ist allein für sich stehend schon ein sehr umfangreiches Thema, das den Rahmen dieses Artikels sprenge und wir haben ihn daher hier ausgeklammert.
Transparenzhinweis
** Hinter dem Anime-Flohmarkt und Fuyamu steckt der gleiche eingetragene Verein. Wenn ihr im Merch-Shop des Anime-Flohmarktes etwas kauft, kommt das Geld in den gleichen Geldtopf, auf den auch Fuyamu zugreift.